Tag 2: Metropolis? Utopia? Vancouver!

Skulptur als Homage an die Fröhlichkeit der Bürger Vancouvers: "Amazing Laughter" am Manson Park.
Würde der legendäre Fritz Lang, der Anfang der 20er Jahre den Stummfilmklassiker „Metropolis“ drehte noch leben, für ihn wäre Vancouver die Kulisse eines wahr gewordenen Ideals. Nur wenige Metropolen in der Welt sind so vorzeigbar in Sachen Architektur, Lebensqualität und tolerantem Zusammenleben. Alles passt irgendwie und auf den Straßen fällt auf – die Menschen haben fast alle ein Lächeln im Gesicht. Wie die Bronze-Skulpturen „Amazing Laughter“ von Yue Minjun am Manson Park in der English Bay. Obwohl es hier fast soviel regnet wie in Hamburg...

Coal Harbour, Downtown Vancouver. Zwei Hausboote scheinen sich in den mondänen Yachthafen mit der sagenhaften Skyline verirrt zu haben. 
Fangen wir mit dem Wetter an: Wir haben Glück. Stahlblauer Himmel mit 28 Grad und immer einer leicht kühlen Brise von See her, erlebt Vancouver einen Sommer wie selten. Im touristischen Downtown, im bekannten Coal Habour, strecken sich die mit Spiegelglas verkleideten Hochhäuser eitel in die Höhe, wetteifern mit gewagten, erhabenen Konstruktionen um die Gunst neuer Wohnungskäufer und Mieter, buhlen fast darum, fotografiert zu werden. Am frühen Morgen gelingt mir mit Stativ und ruhiger Hand eine der schönsten Panoramaaufnahmen seit langem. Es fällt sofort auf, dass hier nicht Bürotürme die Skyline dominieren, sondern Raum für Menschen geschaffen wurde. Zu sehen an den vielen Balkonen, Terrassen die sich bis in den 20., 30. Stock an die Fassaden schmiegen und ihren Bewohnern einen unglaublichen Blick auf die fjordartigen Inlets und die Bergketten bieten. Gnz anders als in vielen deutschen Großstädten, wo sich nach Feierabend durch den vielen Büroraum die Innenstadt in eine Friedhofsallee verwandelt und man bis zur Fertigstellung von elb(phil)harmonischen „Wunderwerken“ scheinbar Jahrzehnte braucht.
Celebrating Life: Im Sonnenuntergang "dirigiert" eine junge Lady scheinbar die Menge am Strand. Am Tag der Ankunft gab es an der English Bay ein 30 Minuten Hammer-Feuerwerk. Tagsdrauf die Pride-Parade. Alles bei super Wetter in BC.

Und es ist extrem sauber: Nirgends liegt Dreck, die Müllwagen der Stadt sehen aus wie coole Trucks und selbst in den eher St, Pauli ähnelnden Vierteln räumen die Anwohner achtlos weg geworfene Pappbecher rasch in den nächsten "Waste Bin". Gleichzeitig klappt das soziale Zusammenleben verschiedenster Kulturen offenbar reibungslos. Wobei das Zauberwort "Respekt" heißt. Auch was die sexuelle Orientierung angeht. Wir erleben Vancouver, als am Wochenendende die große „Pride“ Parade statt findet. Das wohl größte Schwule- und Lesbenspektakel auf dem nordamerikanischen Kontinent. Selbst beim Seven Eleven hängen die Regenbogen-Fahnen im Fenster und man merkt, dass die Bewohner die Pride Parade als eine Art Volksfest sehen und nicht wie andernorts als einen bisweilen recht aufdringlichen Kampf um mehr Toleranz. Schließlich sind auch in Vancouver nicht mehr als zwei Prozent der Bevölkerung schwul.
Den größten Anteil der Einwanderer stellen die Chinesen, die im ausgehenden vorletzten Jahrhundert im Krieg der Eisenbahnerschließung Kanadas als billige Arbeitskräfte ins Land geholt wurden. Ansonsten tummeln sich Menschen aller Herren Länder und Kulturen aufVancouvers Straßen. Doch der Anteil der Europäer (mit britisch-irischen Wurzeln) ist dominant. Muslime und damit auch schon einmal voll verschleierte Frauen gibt es eher wenig, wobei doch auffiel, dass in deren Geschäften keine einzige „Pride“-Fahne zu sehen war.
Die Skyline von Vancouver (Downtown) bei Sonnenaufgang um 6 Uhr früh - irre!
Und Vancouver ist eine sportliche Stadt. Schon bei Sonnenaufgang tummeln sich Jogger an der Sea Wall im Stanley Park, rudern die ersten Achter vor dem gewaltigen und modernen Cruise Center am Canada Park. Wenn man mit einem der Mieträder auf der quirligen Denman Street mitten auf der Straße fährt (natürlich mit Helm) wagt von den Autofahrern niemand zu hupen. So groß ist hier die Rücksichtnahe auf die Zweiradfahrer.
Allerdings gibt es eine Zweiteilung: die eine Hälfte der Bevölkerung frönt der körperlichen Ertüchtigung, die andere der Fat-Burger-Kultur. Dazwischen gibt es nichts. Fast wie in den USA.
An dieser Stelle könnte man noch stundenlang die Geschichte und das Werden Vancouvers beschreiben (da lohnt Wikipedia wirklich), doch morgen ist auch noch ein Tag und es gibt so viel zu erleben....
Ärgerlich: Auch so kann eine Taxifahrt enden - passiert ist niemandem etwas...