Tag 7: Wild Wild Nature und ein Schwarzbär beim Abendbrot

Ucluelet - Blick von der Big Beach - bei Bombenwetter...

Eins vorweg: Er ist auch schon einmal sehr kühl, der Sommer an Kanadas „West Coast“. Wer hier her kommt, um Strandurlaub zu machen, ist nicht bei Trost. Denkt man, wenn man junge Kanadierinnen im Bikini bei 18 Grad an den wenigen Sandstränden der wildschönen, zerklüfteten Wald- und Felsküste zwischen Uclulet und Tofino in der Sonne liegen sieht. Das Wasser hat gerade einmal 16 Grad, dazu geht ein steter, kalter Westwind. Und wir stehen in Outdoorsachen mit Fleece an der Küste und fragen uns, ob wir nicht hart genug sind. Doch es ist schließlich die Natur, für die wir gekommen sind und davon haben sie hier mehr als genug. Heute entdecken wir die Cathedral Grove und am Abend, beim Grillen, stöbert plötzlich ein Schwarzbärweibchen an unseren Platz fürs Barbecue herum – was uns kurz in Aufregung versetzt.

Aber von vorne. Die Entfernungen in Kanada sollte man durchaus nicht unterschätzen. Frühmorgens sind wir von Victoria Richtung Ucluelet aufgebrochen. Von der auf der Karte eingezeichneten Crossroad direkt an der Küste, die zum Sproat Lake führt, hat uns ein Officer der Polizeiwache in Victoria, den ich extra zu den Straßenbedingungen fragte, dringend abgeraten. Das Problem seien weniger die Gravel-Roads, die mitunter schwer passierbar wären (der Ford Explorer steckt das mit dem 4x4 problemlos weg), sondern die Farmer, die zwischendrin ihre Gates absperren und verschließen. Wenn man sich bei denen nicht anmeldet, bleibt man quasi stecken. Und da ich keinen Bolzenschneider mitführe, vor allem aber auch keinen Ärger mit den Rednecks haben will, bleibt nur die normale Route über die kanadische Nationalstraße Nr. 4.
Doch auch die hat Ihre Reize. Vancouver Island hat durch diverse Naturschutzprogramme mehrere zusammenhängende, riesige Regenwaldgebiete in ihrer Ursprünglichkeit erhalten können. Selbst Leuten, die mit der Natur nichts am Hut haben, gebieten die gewaltigen Baumriesen im Cathedral Grove einfach nur Ehrfurcht.
Ursprünglicher Regenwald am Cathedra Grove.

Bis zu 80 Meter recken sich die Douglasien in den Himmel.
Der Größenvergleich bei einer "kleinen" Rotzeder.


Die teils bis zu 800 Jahre (!) alten Douglasien und Rotzedern, deren Kronen bald 80 Meter in den Himmel ragen sind von bartähnlichen Moosen (Epiphyten) als Symbionten bewachsen. Es sieht aus wie im Märchenwald von Avalon. Fehlt nur noch ein weißes Einhorn, dass plötzlich durchs Bild trabt. In trockenen Flussbetten stößt man auf umgestürzte Giganten, das Wurzelwerk gestürzter Zedern sieht aus wie das Macrame eines Riesen. Wir wandern verträumt auf Pfaden durch diesen Zauberwald und nur, weil wir heute noch Tofino und Ucuelet erreichen wollen, müssen wir zurück zu unsrem Ford. Schade, aber es liegen halt noch viele Kilometer vor uns. 

Just in time kommen wir im kleinen, bezaubernden Fischerstädtchen Ucluelet an. Ein Schild am Ortseingang kündet frech: „A Drinking Town with a Fishing Problem“. Sympathisch, die Leute.
Das Blackrock Resort in dem wir die nächsten drei Nächte verbringen, ist der Hammer. Der Blick aus dem Fenster wie National Geographic TV. Hier hat der Architekt einmal das Thema der Black Rocks, an die der Pazifik mit seiner gewaltigen Kraft anbraust perfekt umgesetzt. Überall finden sich Reminiszenzen an die schroff geformten Felsen. Alles ist in Schwarz mit hellen Akzenten gehalten. Dunkles Holz und Sofas in Erdtönen passen einfach zur Landschaft. Ein Gaskamin, der auf Knopfdruck anspringt und selbst im Bad mit Edelamaturen ist der Boden im Black Rock Design mit schwarzen Steinwerk belegt. Klasse.
Das Blackrock Resort: Ein Blick wie bei National Geographic TV...

Leider schließen hier die Geschäfte auch schon mal um 18 Uhr, so dass man sich ran halten muss. Für die Tour haben wir extra einen keinen Tischkohlegrill besorgt und heute kommt er in einer wunderschönen Bucht, gleich neben dem Resort zum Einsatz. Vorher besorgen wir bei "Friendly Fishing", einem kleinen Laden, der auf Nachhaltigkeit beim Fischen setzt, frischen Stockeye-Lachs. 26 Dollar für 650 Gramm Filet - da kann man nicht meckern. Mit Kühlbox und dem kleinen Tischgrill geht es zur Big Beach Bucht, deren Name wirklich Humbug ist. Inmitten von Tannen liegt ein kleiner Grillplatz und das Meer rollt über schwarze Felsen rauschend wirbelnd in die Bucht, die weder "big" ist, noch eine wirkliche "Beach" hat. 
Doch nun schlägt das Wetter um. In Minuten. Wie in einem Film. In nur wenigen Minuten zieht der typische Pazifik-Nebel wie man ihn aus San Francisco kennt, auf. Wo gerade noch schöner Sonnenschein war. Tröpfchenschwer weht ihn der Wind auf die Küste zu. Doch Wenn die Kanadier im Bikini an Ständen liegen, kann man schließlich auch warm eingepackt grillen. 
Kaum ist der Grill an und der leckere Fischduft wabert entlang der Küste, hören wir plötzlich ein Knistern im Gebüsch. Genau die Situation, vor der der Lonely Planet warnt. Und tatsächlich, gleich unterhalb unseres Grillplatzes bricht ein Scharzbärweibchen  durchs Gehölz. Von der Begegnung gibt es leider kein Foto, weil zunächst einmal die Sicherheit an erster Stelle stand. Wir zogen uns ruhig und ohne Hast auf ein höher gelegenes Plateau zurück. Die junge Bärendame hatte allerdings wohl bereits gespeist, weil sie in Seelenruhe am Strand weitertrottete und den gegrillten Stockeye-Lachs einfach nicht beachtete. Vielleicht unser Glück. Wir ließen den Bären aus sicherer Entfernung ziehen,um dann zurück zum Grillplatz zu gehen und alles wieder aufzuwärmen. Der Lachs schmeckte sensationell - so etwas bekommt man einfach nicht im Restaurant. Nicht mit so einer Atmosphäre...