Tag 4: Im Auge des Windes - auf dem Grouse Mountain


Holzschnitzfigur aus der  Redwood Zeder auf dem Grouse Mountain.
Vancouver gehört ohne Frage zu den Großstädten mit dem höchsten Freizeitwert, denen wir je begegnet sind. Egal ob Segeln, Rennradfahrern, Gleitschirmfliegen, Wandern, oder  (ja) Shoppen - die Metropole am Pazifik ist der Hammer. Nur eines sollte man bedenken: An dieser Meeresküste von San Francisco bis Sitka in Alaska kann es auch schon einmal wochenlang am Stück regnen. Wir haben absolutes Glück mit dem Wetter und so geht es heute zum Grouse Mountain, Vancouvers Hausberg am Capilano Reservoir. Und das am Happy BC Day, dem Feiertag der kanadischen Provinz British Columbia. Ein Muss für jeden Vancouver-Besucher.Wer über den wunderschönen Radausflug und über ein "Umwelt-Programm" mit dem Hotelgäste mal so richtig verladen werden, lesen will, klickt auf den "Weiterlesen-Link".


Blick aus 1231 Metern Höhe. Leider zog am nachmittag etwas Dunst auf. Nicht untypisch am Pazifik.
So Fahrrad freundlich die Stadt auch ist. De Hälfte der Einwohner fährt kein Rad, was auch für die Angestellten der Radvermieter zutrifft. Anders lässt es sich nicht erklären, dass nach schon gemieteten und bezahlten "Hybrid-Fahrrädern" die freundliche Lady hinter der Theke von Spokey's Bikes abwinkt und die Strecke bis zu Talstation der Blue Skyride am "Hausberg", dem Grouse Mountain, mit "easy" und "no steep hills" charakterisiert. Schon auf der mächtigen, 50 Meter hohen und zugigen  Lion's Bridge, die wir nach einer schönen Fahrt entlang der Sea Wall am Stanley Park befahren, fällt auf: Wir sind die einzigen, die mit dem Rad unterwegs Richtung Grouse Mountain sind! Schnell wird klar, warum. Der größte  Teil der überschaubaren 10 Kilometer langen Strecke geht steil bergauf. Bei 25 Grad fließt der Schweiß in Strömen und wir trainieren das opulente Frühstück, dem auch die Kanadier leider frönen gleich wieder ab.

Das "Eye of the Wind" - man kann die Windkraftanlage mit dem Aufzug
 hinauf fahren, oben ist eine Glasplattform, vor der die gigantischen
Blätter bei Wind rotieren. Im Fenster: das gesamtgewicht der Anlage 208 Tonnen.
Die Fahrt wird zäh und als wir nach etwa 30 Minuten die Capilano Suspension Bridge erreichen, sehen wir, wie die anderen Touris gekommen sind: Mit dem Free Shuttle Bus. Gleich Hunderte tummeln sich am Eingang zu der legendären Hängebrücke, auf der dann ebenfalls ähnlich viele Ausflügler zu erwarten sind und was zum Fotografieren nun wirklich nicht lohnt. Zudem ist der Eintritt für eine schnöde Hängebrücke mit über 40 Dollar frech, so dass wir beschließen weiter zu schwitzen und bergauf zur Talstation  zu radeln.
Nach weiteren vier Kilometern müssen wir aufgrund der Steigung von den schweren Hybrid-Rädern (Halb Mountain-Bike, halb Rennrad - also wie früher schön Holland-Rad) absteigen und schieben. Irgendwann stehen wir dann an der vom Südtiroler unternehmen Leitner gebauten, eigentlich unspektakülären Seilbahn und fahren für 58 Dollar hinauf auf den Grouse Montain.
Oben angekommen, erwartet einen ein atemberaubender Blick (lohnt nur bei schönem Wetter). Vor uns breitet sich Vancouver aus, umgeben von seinen vielen Inlets und Wasserstraßen. Im Süden sieht man sieht den mächtigen Mount Baker jenseits der nahen US Grenze und im Westen die Bergketten auf Vancouver Island. Keine Farge: Hier hat der liebe Gott seinen Landschaftsbauer einmal von der Kette gelassen.
Als wir mit der Sesselbahn das letzte Stück hinauf zum Gipfel fahren, sieht man unten kleine Wandergruppen (die meisten bergab!) auf den steinigen Wegen durch die dichten Tannen- und Zedernwälder laufen. Gant oben Angekommen stehen wir kurz an, um die "Eye of the Wind" Experience mitzunehmen. Mit dem Aufzug geht es hinauf in eine ca. 40 Meter hohe Windkraftanlage, wo man unter der Turbine eine Aussichtsplattform in einer Glaskuppel gebaut hat. Leider ist es windstill, so dass einem die Panik vom Rattern und Brummen, wenn sich die riesigen Rotoren drehen, erspart bleibt. Ein Wischeimer nebst Mop weist darauf hin, dass hier nicht jeder die Höhe und den gläsernen Boden verträgt.
Leider kann man keine Gleitschirme leihen, sonst hätten wir den "Abflug" von oben bei diesen Bedingenen zweifellos gewagt. Die angebotenen Tandemflüge sind mit 250 Dollar deutlich überzogen, zumal mir einer der Tandem-Piloten bei der Gondelfahrt zuraunt, er sei genervt vom dauernden schnellen Abflug (15 Minuten mit getretenem Beschleuniger). Aber so macht man halt Kasse und die nächsten Gäste warten schon.


Nach einem kleinen Rundgang und einer Erfischung an einem kleinen Bergsee fahren wir mit der Gondel nach zwei Stunden wieder hinab (die Holzfäller- und Bären Show haben wir den Familien überlassen). Die Abfahrt nach Londsdale zur Fähre von North Vancouver wird ein großer Spaß. Mich überholt ausgerechnet ein Streifenwagen der Vancouver Police als ich einen blinkenden Geschwindigkeitsmesser am Straßenrand mit 55 km/h passiere (50 sind erlaubt)  Der freundliche Beamte winkt aber nur lässig aus dem Seitenfenster "Slow down a little".

Schöne Studie in Schwarz-Weiß: Die Lions Gate Bridge, die den Inlet vor Stanley Park nach North Vancouver überspannt.
Mit der Fähre geht es in gerade einmal 10 Minuten über den Vancouver Harbour zum Kreuzfahrt-terminal und Convention Center "Canada Place". Wir sind geschafft und nach der Abgabe der Räder in der Denman Street freuen wir uns auf eine Dusche in unserem Westin Hotel am Coal Harbour.
Mit aufgefülltem Duschgel und Shampoo wäre das auch wirklich gut gekommen. Nur hat man in einigen Hotelketten offenbar eine neue Masche zum Geldschneiden entdeckt, die hier zum Ausklang der Geschichte zur Mahnung noch erwähnt sei:
Vollmundig wird dem Gast eine Umwelt-Aktion "Make a Green Choice" angekündigt, in der man auf den Zimmerservice zugunsten der Umwelt verzichten soll, dafür gar belohnt werden soll.

Auszug:
Helfen Sie der Umwelt (Make a Green Choice) ist Starwoods an Gäste gerichtetes Nachhaltigkeitsprogramm, über das unsere Gäste Gelegenheit erhalten, zur Reduzierung ihres ökologischen Fußabdrucks beizutragen. Jeder Gast eines teilnehmenden Starwood Hotels kann eine Helfen Sie der Umwelt (Make a Green Choice), indem er etwa an drei aufeinanderfolgenden Tagen (mit Ausnahme des Check-out-Tags) auf den Zimmerservice verzichtet. Für jede Übernachtung, die sich ein Gast am MAGC beteiligt, erhält er 250 bis 500 Starpoints oder einen Speisen- und Getränkegutschein im Wert von 5,– US-Dollar/5,– Euro. Dabei spart er bis zu 186 Liter Wasser, 0,19 kWh Strom, 25.000 Btu Erdgas und über 200 ml an chemischen Reinigungsprodukten (kann je nach Marke und Region variieren) pro Übernachtung.

Diese Programm ist völliger Schwachsinn und dient vor allem einem: Der Gewinnmaximierung der Hotelkette durch Personalabbau. Denn das gute alte Prinzip, Handtücher auf den Halter statt auf den Boden schonte die Umwelt schon immer. Der Zimmerservice feudelt ohnehin einfach nur husch husch durch (wie in allen Hotels). Die Laken werden in keinem mir bekannten  Hotel  bei längerem Aufenthalt täglich gewechselt. Wo also bitteschön liegt der Gewinn für die Umwelt? Wenn nach z.B. drei Tagen eine im Vergleich dann viel aufwändigere Endreinigung fällig wird, heult der Staubsauger am Ende genauso lange und Reinigungsmittel braucht es genauso viel. Ein Zimmermädchen, das wir auf dem Flur ansprechen ("Bitte nennen sie aber nicht meinen Namen") berichtet, dass wegen des Programms schon einige Kolleginnen gefeuert wurden... Das macht nachdenklich.